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Helena PapantonioyDiese Ausstellung, meine Damen und Herren, ist zur rechten Zeit am rechten Ort. Dennsie ist inspirierend schön. Aber nicht nur das. Sie erlöst uns von der Entfremdung derGesellschaft. Die haben wir sicher alle durch Lock down und Maskerade gespürt. Und da ist nun diese Ausstellung. Edel, perfekt, von hoher künstlerischer Präsenz und mitFragen ohnegleichen. Antworten? Gewiss. Überall, sensibel, aufregend und mitsirrenden Querverbindungen, die auf Kommunikation warten. Wenn man sich auf sieeinlässt.Mutter und Tochter stellen hier aus. Die meisten von Ihnen werden sie kennen, dennKunstwerke von ihnen sind Allgemeingut geworden in Aschaffenburg. DieSehnsuchtswolken von Jo Zeh-Kosanke im Bahnhof und der Brunnen von HelenaPapantonioy im Offenen Schöntal. Beides so etwas wie das klassische Geheimnis desewigen Kreislaufs und elementare Beispiele dafür, wie Kunst in der Gesellschaftfunktionieren kann.Zwei Künstlerinnen also, Malerei und Skulptur. Das Faszinierende bei beiden ist derweite gefühlsmäßige Kontext. Das Spiel mit dem vordergründig Dargestellten und demdarunter laufenden Subtext. Auf diese Weise begeben sich beide in eine Welt, in derdie Realität eine ganz eigene Wahrheit findet. Sie wird weiter gedacht und öffnet damiteine Ebene, die sich auf sirrende Weise immer weiter vernetzt.Bei Jo Zeh-Kosanke verwandelt sich die Wirklichkeit in eine Magie, die sich täuschendim Irrealen abbildet. Die Glaubwürdigkeit des Scheins bildet Szenarien wie dasTreppenraumbild. Luftig ansteigend und im Nichts verschwindend. Eine imaginierteBühne im Nirgendwo, akribisch mit feinstem Dachshaar in Acryl gearbeitet. DieseTechnik erlaubt die zartesten Übergänge und den perfektesten Glanz wie auf der altenSilberkanne. Oder die genaueste Erfassung von grazilen Blumen. Der Akeley oder derHelleborus im Glas zum Beispiel. Alles Täuschung mit Licht und Schatten? Oder dochein bleibendes Spiel im Spektrum von Vergänglichkeit? So wie die drei Porträts. Ausweiter Ferne, aus schwarzem Hintergrund, taucht ein schönes bleiches Antlitz frei nachLeonardo auf. Feine Löckchen umspielen die strenge Frisur, und die Augen schauen indie Unendlichkeit. Ganz anders der Blick der schönen Nachbarin, kess über dieSchulter nach vorn gerichtet, die rotblonden Locken fallen frei über den Rücken unddie vollen Lippen lächeln den Betrachter an. Ganz im Hier und Jetzt. Genau wie Simon,der Junge, en face, der gespannt und neugierig nach vorne blickt

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 Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft. Ein großer Bogen, der sich auch bildet bei den in dieRomantik eintauchenden Landschaften, Sehnsuchtsorte, in die man sich unendlich versenken kann. Genau wie in die Abstraktionen als Weiterdenken der farblichenWirklichkeit. Aggregatszustände aus Phantasie und Traum. Delikate Übergänge lassenHorizonte jenseits der Oberfläche ahnen und Erinnerungen an Formen, die Halt geben.Und dahinter? Die Sehnsucht nach dem ganzen Leben.Abstraktion nicht nur als Fortsetzung der Wirklichkeit. Helena Papantonioy erfindet mitihren Skulpturen Visionen einer Gesellschaft, die dabei ist, sich zu verlieren und der sieeine Struktur gibt. In ihren Konstruktionen aus Alabaster öffnet sie verschlungene Wegeund Durchgänge, hält inne, erfindet Ausblicke und lässt damit aus jedem einzelnen Steinein Abbild einer immer komplexer werdenden Gesellschaft entstehen. DieInterpretation des Zeitgeschehens als Hintergrund wächst auf diese Weise zu einemvielfältigen, sich ständig verändernden Kosmos. Dabei geht sie, und das ist besondersreizvoll, immer vom einzelnen Stein aus. Sie versucht zu erkennen, was im jeweiligen Stück steckt, das heißt, sie beginnt eine Kommunikation mit ihm. „Jeder Brocken“, sagtsie, „hat sein kleines Universum.“ Und dieses will sie zum Leben erwecken. So wie sich eine Gesellschaft aufbaut und entwickelt, mit verschiedenen Verläufen, von klein auf,von Dörfern zu Städten, zu immer größerer Vielfalt, so beginnt sie, den Stein zubefragen, ihn zu erforschen, Adern und Licht nachzugehen und die Endbereiche zudefinieren. Um die Klarheit heraus zu arbeiten, wird dort, wo der Bruch sichtbar ist,nichts mehr weggenommen. Und so nimmt die scheinbar tote Materie Form an undbeginnt zu pulsieren.Innerhalb dieses Universums gibt es aber auch, beispielhaft und pars pro toto, das Individuum, die Frau. Die „kleine Liegende“ zum Beispiel, klassisch gearbeitet, wie fliegend im Raum und mit winzigen kristallinen Reflexen im afrikanischen Marmor. Und „Nola Darling“, ein großer liegender Torso von kreatürlicher Kraft und Dynamik. Oder„la femme“ und die „Abstraktion II“. Beides Skulpturen aus Kalkstein. Sie schwingen, sieatmen und verleihen dem Werkstoff betörende Eleganz im Raum. Ein Innen und Außenim animierenden Austausch.Und über dem täuschend echten Gipsei, das verwirrend auf einem Kissen thront, hängt Helena Papantonioys Bild „Blick aus meinem Fenster“. Malerei  in Acryl, aber wie einFoto, ein wirres Hin und Her von Stromleitungen, horizontal, vertikal und diagonal,unterbrochen von Isolatoren. Aufgeladene Elektrizität in einer technisierten Welt. Undals Kontrast dazu das Zusammenballen von Wolken, in wilder Freiheit und stofflich zuspüren. Hohe Spannung. Sie hängt überall, künstlerisch aufgeladen, im Raum. Lassen Sie sich davon faszinieren.
 
Ich danke Ihnen für Ihre AufmerksamkeitAnneliese Euler

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